Freelance – Free Dance – Free Spirit

Eintönig wird es im Berufsalltag von Christiane Kuck so schnell nicht! Als freischaffende Tänzerin und Tanzpädagogin steht sie mal auf der Bühne, mal tanzt sie in Musikvideos, betreibt künstlerische Forschung oder gibt Wissen und Erfahrung an andere weiter. Wir haben mit ihr über spannende Projekte, die Kunst der Work-Life-Balance und ihre Liebe zum Tanz gesprochen. 

Von Lina Frijus-Plessen

Im Gespräch mit Tänzerin und Tanzpädagogin Christiane Kuck

Als Freelancerin bist du nicht  an einem Theater oder einer Tanzschule festangestellt. Wie kann man sich denn deinen Arbeitsalltag vorstellen?

Der sieht eigentlich jeden Tag ein bisschen anders aus. Als Tänzerin habe ich letztens zum Beispiel in Frankreich mit einer Tanzkompanie gearbeitet, da hatten wir eine längere intensive Probenphase, dann eine Zeit lang Pause und danach bin ich nur noch punktuell zu den Auftritten hingefahren. Wenn ich bei sogenannten Research-Projekten dabei bin, ist das wieder eine ganz andere Art von Arbeit, da geht es dann zum Beispiel um die Entwicklung einer Stückidee oder darum, ein bestimmtes Thema kreativ-künstlerisch zu erforschen. Und als Tanzpädagogin muss ich mich natürlich für meine Unterrichtsstunden und auf meine jeweiligen Schüler:innen vorbereiten.

An welchen verschiedenen Projekten hast du zuletzt gearbeitet?

Weil ich das große Glück hatte, zwei beantragte Künstlerförderungen zu bekommen, konnte ich mich in letzter Zeit ein bisschen mit Weiterbildungen beschäftigen. Ich habe ein paar Tanz-Workshops in Berlin besucht und mich auch viel mit Tanztherapie und Tanzmedizin befasst. Letztes Jahr habe ich bei einem tollen Research-Projekt in München und Tartu in Estland mitgearbeitet, bei dem es um die Verbindung von Kartographie, Architektur und Choreografie ging. Und ganz aktuell habe ich im Musikvideo zum neuen Song „Ablenkungen” vom Herrn Polaris aka Bruno Tenschert getanzt. Das war auch ein Highlight!

© Air Portaits - Nicholas Crepea
Das Video ist auch echt cool geworden – man sieht dich darin durch nächtlich-verlassene Orte in Augsburg tanzen. Wie kam es denn eigentlich zu dieser Kollaboration?

Der Kontakt zu Bruno kam über Filmemacher Bärry Kraus zustande, mit dem ich letztes Jahr ein Performance-Video für die Pinealis Live Sessions gemacht habe. Als Bruno mich für sein Musikvideo angefragt hat, war ich gleich an Bord, weil ich es generell toll finde, mich mit anderen Kunstschaf-fenden zu connecten und gemeinsam Sachen auszuprobieren. Wir hatten richtig viel Spaß bei der Arbeit und es kann gut sein, dass wir in Zukunft noch öft ers was zusammen machen.

Du hast vorhin erzählt, dass du dich auch viel mit Tanztherapie und -medizin beschäftigst. Worum geht es dabei genau?

Bei Tanzmedizin geht es darum, das Tanzen möglichst gesundheitsförderlich und körper-freundlich zu gestalten, auch um Verletzungen vorzubeugen. Mit dem richtigen anatomischen Wissen lässt sich das Training verantwortungsvoll gestalten und optimieren. Tanztherapie wiederum ist eine Form der Kunsttherapie, die dabei hilft , durch Bewegung Selbstwirksamkeit zu lernen, das Körperbewusstsein zu stärken und beim Tanzen Dinge wie Leichtigkeit, Erdung oder Gemeinschaft zu erfahren. Tanztherapie wird auch in de klinischen Psychotherapie angewandt und kann zum Beispiel bei Schizophrenie oder Depressionen helfen. Ich finde es einfach wahnsinnig spannend, was man mit Tanz alles machen kann!

Was würdest du sagen, welche Vor- und Nachteile hat es, in deiner Branche freiberuflich zu arbeiten?

Ein großer Vorteil ist für mich, dass ich eine enorme Freiheit in meiner Arbeit habe. Ich bin meine eigene Chefin und kann entscheiden, welche Projekte ich machen will und meistens auch, wie ich mir meine Arbeitszeit einteile. Natürlich kann es dann schon mal vorkommen, dass ich eine Zeit lang sechs bis sieben Tage die Woche durcharbeite, aber danach kann ich mir auch wieder eine Auszeit nehmen. Es ist für mich ein großes Privileg, dass ich die Möglichkeit habe, so zu arbeiten. Aber natürlich gibt es auch Schattenseiten, dazu gehören immer mal wieder Unsicherheiten, ob meine Projekte gerade ausreichen, um mich finanziell abzudecken. Und der Faktor, dass man sich selbst um alles kümmert, kann auch seine Tücken haben. Ich muss oft bewusst darauf achten, mir Zeit für mich zu nehmen und nicht permanent im Arbeits-modus zu sein. Das Tanzen ist nun mal meine Leidenschaft und das macht es gar nicht so leicht, Beruf und Privates zu trennen.

Wann hast du diese Leidenschaft für dich entdeckt und wie hast du das Tanzen zu deinem Beruf gemacht?

Ich habe mit fünf angefangen, Ballett zu tanzen und das jahrelang weitergemacht. Später habe ich dann Modern Dance für mich entdeckt und bin so immer mehr in die modernen Tanzformen eingetaucht. Nach der Schule habe ich mich aber erst mal nicht getraut, eine Tanz-Ausbildung anzufangen, weil ich dachte, ich wäre nicht gut genug und könnte damit niemals Geld verdienen. Stattdessen habe ich Sprachwissenschaften studiert, aber schnell gemerkt, dass mich das nicht glücklich macht. Also habe ich mich doch dazu entschieden, es mit dem Tanzen zu versuchen und habe eine staatlich anerkannte Ausbildung zur Bühnentänzerin und Tanzpädagogin in Rom und Bielefeld gemacht. Seitdem bin ich selbständig tätig.

Hast du eigentlich einen Lieblings-Tanzstil?

Als Lehrerin unterrichte ich gerne Ballett für Anfänger, weil ich es mag, Leute an die Technik heranzuführen und gleich gute Grundlagen zu schaffen. Wenn ich selbst tanze, fühle ich mich im zeitgenössischen Tanz am wohlsten. Das ist ein sehr weites Feld, von strukturierten tänzerischen Elementen bis hin zu Theater und Performance. Ich finde es besonders schön, dass man im Contemporary freier tanzen kann als in anderen Bereichen und ich meinen eigenen Weg finden kann, mich mit meinen Bewegungen auszudrücken. Grundsätzlich bin ich aber immer dafür, alles auszuprobieren und finde es wichtig, mir diese Offenheit, Neues zu lernen beizubehalten. (lina)

Credits: Neue Szene Augsburg 05/22 (S. 30-31)

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